Arbeitgeber sind verpflichtet, an Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung schwerbehinderter Arbeitnehmer mitzuwirken. Zur Ablehnung solcher Maßnahmen sind sie bei Unzumutbarkeit oder unverhältnismäßig hohen Aufwendungen, aber auch bei Vorliegen besonderer Umstände berechtigt (BAG, Urteil vom 16.5.2019, Az. 8 AZR 530/17).
Sachverhalt der Entscheidung
Der schwerbehinderte Kläger ist Technischer Angestellter bei der Beklagten, die ihn zuletzt als Bauleiter beschäftigte. Nachdem der Kläger eineinhalb Jahre arbeitsunfähig krank gewesen war, empfahl die Betriebsärztin, ihn stufenweise und mit Tätigkeitseinschränkungen wiedereinzugliedern. Aufgrund der Einschränkungen kam für die Beklagte eine Wiedereingliederung auf der Stelle des Bauleiters nicht infrage. Eben dies beantragte der Kläger jedoch unter Beifügung des Wiedereingliederungsplans seines behandelnden Arztes.
Nachdem die Beklagte dies abgelehnt hatte, stellte der Kläger einen zweiten Antrag, der neben einem neuen Wiedereingliederungsplan auch einen Bericht seiner Psychologin zur Verbesserung der Symptomatik enthielt. Die Beklagte stimmte daraufhin der stufenweisen Wiedereingliederung des Klägers auf der Stelle des Bauleiters zu. Nach erfolgreicher Wiedereingliederung verklagte der Kläger die Beklagte auf Schadensersatz in Höhe des Betrags, der ihm durch die aus seiner Sicht verspätete Wiedereingliederung entgangen ist. Das ArbG wies die Klage ab. Das LAG gab der Berufung des Klägers statt. Die Revision der Beklagten führt zur Klageabweisung.
Aus den Entscheidungsgründen
Das BAG stellt fest, dass Arbeitgeber gem. § 164IV 1 Nr. 1 SGB IX verpflichtet sind, an der stufenweisen Wiedereingliederung schwerbehinderter Arbeitnehmer mitzuwirken. Verstoßen sie hiergegen, können sie sich gem. § 280 Abs. 1 oder § 823 Abs. 2 BGB schadensersatzpflichtig machen. Die vom Arbeitnehmer unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung zu beantragende stufenweise Wiedereingliederung darf nur dann abgelehnt werden, wenn sie für den Arbeitgeber unzumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden ist. Ein Ablehnungsrecht besteht außerdem bei Vorliegen besonderer Umstände. Solche sind gegeben, wenn wie im Fall begründete Zweifel an der Geeignetheit des Wiedereingliederungsplans bestehen. Der behandelnde Arzt hatte es im ersten Wiedereingliederungsplan versäumt, sich mit den in der betriebsärztlichen Stellungnahme empfohlenen Tätigkeitseinschränkungen auseinanderzusetzen.
Bei Fragen rund um die stufenweise Wiedereingliederung bzw. das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) steht Ihnen aus unserer Kanzlei Frau Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Nadine Kanis zur Verfügung.