Jüngst hatte das Arbeitsgericht Köln (Urt. vom 28.08.2017, Az.: 20 Ca 7940/16) darüber zu befinden, ob ein Arbeitnehmer, der für einen Zeitraum von 30 Sekunden bis maximal 2 Minuten während der Arbeitszeit eine Fußballspielübertragung auf seinem dienstlichen Bildschirm angeschaut hat, hierfür abgemahnt werden kann. Das ArbG Köln bejahte dies und gab dem Arbeitgeber Recht. Bei dem Anschauen eines Fußballspiels an einem dienstlichen Computer während der Arbeitszeit verletzt der Arbeitnehmer grundsätzlich seine Hauptleistungspflicht zur Arbeit. Die Abmahnung im Arbeitsrecht wollen wir heute näher beleuchten.

Die Bedeutung des Abmahnungserfordernisses

Der Arbeitgeber muss auffällig gewordene Mitarbeiter vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung grundsätzlich abmahnen. Die Abmahnung ist quasi die gelbe Karte als Vorstufe einer verhaltensbedingten Kündigung. Viele verhaltensbedingte Kündigungen scheitern vor Gericht, weil Arbeitgeber zuvor nicht oder nicht richtig abgemahnt haben. Dieses Versäumnis lässt sich in einem späteren Kündigungsschutzprozess nicht mehr nachholen.

Das Abmahnungserfordernis ist Ausdruck des den gesamten Kündigungsrechtsstreit beherrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Eine Kündigung scheidet aus, wenn schon mildere Mittel, z.B. eine Abmahnung, ausreichen, um beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken. Nur wenn es keine milderen Mittel gibt, ist eine Kündigung möglich (sog. Ultima-ratio-Prinzip).

Bei steuerbaren Verhalten ist grundsätzlich vorher abzumahnen, wenn das künftige Verhalten des Arbeitnehmers schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Für die Erteilung einer Abmahnung ist keine Frist vorgesehen. Sie sollte aber zeitnah nach der Pflichtverletzung ausgesprochen werden.

Eine verhaltensbedingte Kündigung ist weder Denkzettel noch Sanktion für ein arbeitsvertragswidriges Verhalten. Es ist nur eine Reaktion des Arbeitgebers, zukünftige Vertragsstörungen zu verhindern. Fälle in denen die Rechtsprechung Kündigungen ohne vorausgegangene Abmahnungen anerkannt hat, sind z.B. Ankündigung von Krankfeiern, Selbstbeurlaubung, Straftaten zu Lasten des Arbeitgebers, Drogenkonsum eines LKW-Fahrers in der Freizeit, Erstellen falscher Prüfprotokolle, sexueller Missbrauch, unberechtigter Strafantrag gegen den Arbeitgeber usw.

Form und Inhalt einer Abmahnung

Die Abmahnung sollte aus Beweisgründen immer schriftlich erteilt werden. Damit eine Abmahnung rechtlich wirksam ist, muss sie korrekt formuliert sein. Deshalb ist die sehr sorgfältige Anfertigung der Abmahnung notwendig.

Die Abmahnung muss

  • das Fehlverhalten exakt dokumentieren (üblicherweise unter Angabe von Datum, Uhrzeit, genauer Angabe des Vorwurfs (Dokumentationsfunktion),
  • das beanstandete Verhalten rügen (Rügefunktion) und
  • für den Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung androhen (Warnfunktion).

Werden in einem Abmahnungsschreiben mehrere Pflichtverletzungen gleichzeitig gerügt und treffen nur einige (aber nicht alle) zu, so muss das Abmahnungsschreiben auf Verlangen des Arbeitnehmers vollständig aus der Akte entfernt werden und kann nicht teilweise aufrechterhalten bleiben. Es ist daher zu empfehlen, dass für jedes Fehlverhalten eine gesonderte Abmahnung ausgesprochen wird. Sammelabmahnungen sollten daher vermieden werden.

Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer kann eine Gegendarstellung zu der Abmahnung abgeben. Die Gegendarstellung schafft die Abmahnung zwar nicht aus der Personalakte, muss aber vom Arbeitgeber zur Personalakte genommen werden. Sie sind verpflichtet, die Gegendarstellung zur Personalakte zu nehmen.

Außerdem kann er eine Klage vor dem Arbeitsgericht auf Rücknahme der Abmahnung und Entfernung aus der Personalakte erheben. Das Arbeitsgericht wird prüfen, ob die Abmahnung zu Recht erteilt wurde. Wenn ja, verbleibt die Abmahnung in der Personalakte. Wenn nein, wird das Arbeitsgericht den Arbeitgeber verurteilen, die Abmahnung zurückzunehmen und aus der Personalakte zu entfernen. Ein Entfernungsanspruch ist begründet, wenn die Abmahnung inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt.

Häufig ist es jedoch die beste Variante, (zunächst) nicht gegen die Abmahnung vorzugehen. Sollte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zu einem späteren Zeitpunkt kündigen, kann der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erheben. Das Gericht wird dann die Rechtmäßigkeit der Abmahnung inzident prüfen. Falls die Abmahnung unberechtigt erteilt wurde, ist (je nach den Umständen des einzelnen Falles) voraussichtlich auch die Kündigung unberechtigt, wenn sie auf der Abmahnung basiert. Für den Arbeitnehmer besteht weder eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht noch eine entsprechende Obliegenheit, gegen die Richtigkeit der Abmahnung gerichtlich vorzugehen.

3 Abmahnungen und dann eine Kündigung?

Eine Regel „nach drei Abmahnungen ist Schluss“, gibt es nicht. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an. Auch zu viele Abmahnungen können schädlich sein. Der Arbeitnehmer muss die in der Abmahnung enthaltene Drohung noch erst nehmen können, es darf sich nicht um eine leere Drohung handeln. Der Arbeitgeber darf seine Glaubwürdigkeit nicht verspielen.

Abmahnungen, die eine Kündigung vorbereiten sollen, müssen einschlägig sein. Die jeweiligen Vertragsverletzungen müssen den gleichen Pflichtenkreis betreffen, z.B. Verspätung und Überziehung von Pausenzeiten. Zahlreiche Abmahnungen wegen gleichartiger Pflichtverletzungen, denen keine weiteren Konsequenzen folgen, können die Warnfunktion der Abmahnungen abschwächen. Der Arbeitgeber muss dann die letzte Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung besonders eindringlich gestalten, um den Arbeitnehmer klarzumachen, dass weiteren derartige Pflichtverletzungen nunmehr zum Ausspruch einer Kündigung führen werden.

Die Ausführungen zeigen, dass bei dem Verfassen von Abmahnungen viele Fehler gemacht werden können.

Wollen Sie einen Arbeitnehmer abmahnen oder haben Sie eine solche erhalten, steht Ihnen hierzu Frau Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Nadine Kanis gerne zur Seite!


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