Das Arbeitsgericht Düsseldorf ist mit Urteil vom 12. Mai 2016, 2 Ca 5416/15, zu der Entscheidung gekommen, dass ein Anspruch auf die Verzugspauschale (§ 288 Abs. 5 BGB) gemäß § 12 a ArbGG in analoger Anwendung im erstinstanzlichen arbeitsgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen ist.
Hintergrund
Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt ist vor mehr als einem Jahr § 288 BGB um die neuen Absätze 5 und 6 erweitert worden. Danach steht dem Gläubiger bei Schuldnerverzug mit einer Entgeltforderung eine Pauschale von 40,00 Euro zu. Bislang galten die neuen Absätze 5 und 6 des § 288 BGB nur für Verträge, die nach dem 28. Juli 2014 eingegangen worden sind. Ab dem 30. Juni 2016 wird die Vorschrift auf vorher entstandene Dauerschuldverhältnisse angewendet, soweit die Gegenleistung nach dem 30. Juni 2016 erbracht wird.
Die Pauschale nach § 288 Abs. 5 BGB ist eine „Entschädigung“. Sie soll den tatsächlich entstandenen Aufwand vermögensrechtlicher Art kompensieren, etwa das Porto für einen Mahnbrief. Das Wesen der Entschädigungspauschale ist aber gerade, dass es nicht darauf ankommt, ob ein vermögensmäßig messbarer Aufwand oder Schaden entstanden ist. Zum anderen soll auch der Ärger und die aufgewendete Arbeitszeit des Gläubigers kompensiert werden, die bisher als nicht ersatzfähig angesehen wurde. Die Pauschale hat deshalb pönalen Charakter und wird zutreffend auch als "Strafschadensersatz" nach angelsächsischem Vorbild.
Obwohl die Norm auch für das Arbeitsrecht gilt, wird die Anwendbarkeit dieser Regelung im Arbeitsrecht kritisch gesehen. Gemäß § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG besteht in arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistands. Die Regelung gilt auch bei Verzug und auch bei außergerichtlicher Beitreibung, da nach ständiger Rechtsprechung § 12 a ArbGG auch den materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch nach § 288 BGB ausschließt. § 12 a ArbGG wird als lex specialis angesehen, die den § 288 Abs. 5 BGB im Arbeitsrecht verdrängt.
Konsequenzen für die Praxis
Derzeit ist die Frage, ob die Verzugspauschale im Arbeitsrecht gilt, noch umstritten. Nach überwiegend vertretener Ansicht ist § 288 Abs. 5 BGB auch bei Arbeitsverträgen anzuwenden, weil der Wortlaut eine solche Anwendung nicht ausschließe. Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat im o.g. Urteil die Berufung zugelassen, da die Beantwortung der Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat. Eine endgültige Klärung muss daher durch das Bundesarbeitsgericht erfolgen.
Arbeitsvertraglich wird man die 40,00 €-Pauschale im vorformulierten Arbeitsvertrag nicht von vornherein ausschließen können, gleichwohl wird diese von einer wirksamen Ausschlussfrist erfasst, über die jeder Arbeitsvertrag verfügen sollte. Der Anspruch auf die Verzugskostenpauschale besteht nur einmal auf die Gesamtvergütung und nicht für jeden einzelnen Vergütungsbestandteil (z.B. Zulagen, vermögenswirksame Leistungen etc.). Gleichwohl kann die Pauschale für jeden Monat geltend gemacht werden, wenn der Arbeitgeber mit der Vergütung in Verzug gerät.
Die vorliegende Entscheidung zeigt wiederum, dass Arbeitsverträge in regelmäßigen Abständen an die aktuelle Gesetzeslage und Rechtsprechung angepasst werden sollten, um nicht teure Überraschungen zu erleben. Sprechen Sie uns daher an!