Das Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) ist am 01. April 2017 in Kraft getreten. Dieses bringt wesentliche Änderungen mit sich. Unternehmen tragen künftig ein noch größeres Risiko beim Einsatz vom Fremdpersonal. Über die wichtigsten Neuerungen informieren wir Sie hier:
Gesetzlich normierte Höchstüberlassungsdauer
Die Überlassung von Arbeitnehmern ist vorübergehend bis zu einer Überlassungshöchstdauer von 18 aufeinander folgenden Monaten zulässig. In einem Tarifvertrag der Einsatzbranche (also der Branche des Entleihers) kann eine abweichende Überlassungshöchstdauer festgelegt werden. Unternehmen ist dringend anheimgestellt, durch wirksame Kontrollmechanismen die Einhaltung der zeitlichen Grenzen der Überlassung zu überprüfen.
Neue Kennzeichnungs- und Konkretisierungspflichten
§ 1 Abs. 1 Satz 5, 6 AÜG statuieren neue Kennzeichnungs- und Konkretisierungspflichten: Verleiher und Entleiher haben die Überlassung von Leiharbeitnehmern in ihrem Vertrag ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung zu bezeichnen, bevor sie den Leiharbeitnehmer überlassen oder tätig werden lassen. Vor der Überlassung haben sie die Person des Leiharbeitnehmers unter Bezugnahme auf diesen Vertrag zu konkretisieren. Wird gegen die Kennzeichnungs- und Konkretisierungspflicht verstoßen, drohen nicht nur Bußgelder. Der Arbeitsvertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 a AÜG nF unwirksam und es wird ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer fingiert.
Equal Pay nach 9 bzw. spätestens nach 15 Monaten
Arbeitgeber müssen Leiharbeitnehmern künftig nach 9 Monaten das gleiche Entgelt bezahlen, das ein vergleichbarer Stammarbeitnehmer im Entleiherbetrieb erhält, vgl. § 8 AÜG nF. Während nach bisheriger Rechtslage tarifvertragliche Abweichungen vom Equal Pay-Grundsatz zeitlich unbegrenzt möglich waren, gilt jetzt grundsätzlich die 9-Monats-Grenze. Eine Ausnahme greift dann, wenn ein Tarifvertrag Lohnaufstockungen bereits nach längstens 6 Wochen vorsieht. In diesem Fall muss spätestens nach 15 Monaten Equal Pay gezahlt werden. Neben Bußgeldern von bis zu 500.000,00 € führt ein Verstoß gegen den Equal Pay-Grundsatz zur Unwirksamkeit derjenigen Vertragsklauseln, die für den Leiharbeitnehmer schlechtere Arbeitsbedingungen vorsehen.
Kein Einsatz von Leiharbeitnehmern als Streikbrecher
Unternehmen können Streiks künftig grundsätzlich nicht mehr durch die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern abfedern. Grund dafür ist das neue Einsatzverbot von Leiharbeitnehmern im vom Arbeitskampf betroffenen Entleiherbetrieb. Der Leiharbeitnehmer ist nicht verpflichtet, bei einem Entleiher tätig zu sein, soweit dieser durch einen Arbeitskampf unmittelbar betroffen ist. In den Fällen eines Arbeitskampfes hat der Verleiher den Leiharbeitnehmer auf das Recht, die Arbeitsleistung verweigern zu können, hinzuweisen.
Die Festhaltenserklärung
In den Fällen, in denen der Verleiher keine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis, bei nicht ausdrücklicher Kennzeichnung und Konkretisierung der Überlassung und auch dann, wenn die Höchstüberlassungsdauer überschritten wurde, wird ein Arbeitsverhältnis gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer fingiert. Diese Rechtsfolge tritt jedoch ausnahmsweise dann nicht ein, wenn der Leiharbeitnehmer mittels einer sog. Festhaltenserklärung auf die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses zum Verleiher besteht. Eine vor Beginn der Arbeitnehmerüberlassung abgegebene oder eine „auf Vorrat“ abgegebene Festhaltenserklärung ist unwirksam.
Was ist sonst noch neu?
In § 611 a BGB wurde eine Legaldefinition des Arbeitsvertrags aufgenommen, um missbräuchliche Gestaltungen beim Fremdpersonaleinsatz zu verhindern. Ein Ketten-, Zwischen- und Weiterverleih von Leiharbeitnehmern ist nicht zulässig. § 14 Abs. 2 AÜG nF schreibt ausdrücklich die Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern für die betriebliche Mitbestimmung vor. Unternehmen müssen in Zukunft ihren Betriebsrat noch stärker in die Personalplanung einbeziehen und ihn frühzeitig und umfangreich über einen geplanten Fremdpersonaleinsatz informieren.
Praxishinweise
Die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes bringt wesentliche Änderungen mit sich. Schon geringfügige Verstöße können schwere Sanktionen zur Folge haben. Bestehende Verträge sind zu prüfen und ggf. anzupassen. Der Einsatz von Fremdpersonal muss künftig stärker überwacht werden. Hierzu beraten wir Sie im Bedarfsfall gerne! Nehmen Sie Kontakt zu uns auf!