In Mietminderungsprozessen ist der Mieter für die Mängel, die zur Mietminderung berechtigen, darlegungs- und beweisbelastet. Oftmals stellen Gerichte hier zu hohe Anforderungen an den Prozessvortrag.

Mit den Anforderungen an die Darlegung eines zur Mietminderung berechtigenden Mangels (hier: Lärmbelästigungen in einem hellhörigen Gebäude) beschäftigte sich jüngst der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 21. Februar 2017, Az. VIII ZR 1/16.

Sachverhalt der Entscheidung

Der Beklagte war Mieter einer Wohnung der Klägerin in Stuttgart, die im vierten Obergeschoss eines im Jahr 1954 erbauten und (unstreitig) hellhörigen Mehrfamilienhauses gelegen ist. Dieser monierte mehrfach unzumutbare Lärmbelästigungen (unzumutbar laute Klopfgeräusche, festes Getrampel, Möbelrücken usw.), denen er in seiner Wohnung ausgesetzt war und die nach seiner Auffassung aus der über ihm liegenden Wohnung der Mieterin B. herrührten. Diesbezüglich minderte er die Miete zunächst um 40,90 €, später um 81,80 € monatlich. Einen aufgelaufenen Rückstand in Höhe von 861,98 € nahm die Klägerin zum Anlass, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen. Der Beklagte hat den einbehaltenen Betrag innerhalb der Schonfrist (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB) unter Vorbehalt nachgezahlt.

Aus den Entscheidungsgründen

Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzte in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).

Dem Beweisangebot auf Einholung eines Sachverständigengutachtens ist das Gericht nicht nachgegangen. Durch die Nichteinholung des Gutachtens wurde das rechtliche Gehör des Beklagten verletzt. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet. Dies gilt auch dann, wenn die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots darauf beruht, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag einer Partei gestellt hat. So lag es hier.

Da eine Mietminderung nach § 536 Abs. 1 BGB kraft Gesetzes eintritt, genügt der Mieter seiner Darlegungslast schon mit der Darlegung eines konkreten Sachmangels, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt; das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung braucht er hingegen nicht vorzutragen. Von ihm ist auch nicht zu fordern, dass er über eine hinreichend genaue Beschreibung der Mangelerscheinungen ("Mangelsymptome") hinaus die ihm häufig nicht bekannte Ursache dieser Symptome bezeichnet. Hier führt der BGH seine Rechtsprechung vom 25. Oktober 2011, Az. VIII ZR 125/11, fort.

Sieht sich ein Mieter in einem Mehrparteienhaus einer Lärmbelästigung durch Nachbarmieter ausgesetzt, reicht es aus, wenn er die Lärmbelastung (laute Klopfgeräusche, festes Getrampel, Möbelrücken usw.) ausreichend beschreibt und überdies durch detaillierte "Lärmprotokolle" konkretisiert, derer bei ausreichender Beschreibung wiederkehrender Lärmbeeinträchtigungen nicht einmal bedarf.

Obgleich die vorliegende Entscheidung die Darlegungsanforderungen für Mieter senkt, sollte eine Mietminderung gut durchdacht sein und nicht ins Blaue hinein erklärt werden. Jede Mietminderung ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Liegen diese nicht vor, riskiert der Mieter unter Umständen eine Kündigung seines Mietverhältnisses. Zu Fragen des Miet-(minderungs-)rechts beraten wir Sie im Einzelfall gerne!

 


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