Am 24. August 2017 ist Gesetz zur effektiven und praxistauglichen Ausgestaltung des Strafverfahrens in Kraft getreten. Dieser Beitrag erläutert die eingriffsintensive Neuerung der Online-Durchsuchung.
Was ist eine Online-Durchsuchung?
Eine Online-Durchsuchung ist die heimliche Infizierung informationstechnischer Systeme (z.B. Computer, Tablet, Handy) mittels einer Schadsoftware, um Zugriff auf die dort gespeicherten Daten zu erhalten. Bei der Online-Durchsuchung dürfen nur Daten aus dem System erhoben werden. Mittels dieser Eingriffsmaßnahme dürfen weder Daten eigenständig erzeugt werden noch Mikrofone oder Kameras aktiviert werden.
Wann ist eine Online- Durchsuchung zulässig?
Eine Online-Durchsuchung ist zulässig, wenn
- bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer einer besonders schwere Katalogstraftat ist,
- die Tat auch im Einzelfall besonders schwer wiegt und
- die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre.
Weiterhin muss sich die Maßnahme - wie stets - auf Daten beschränken, die für das jeweilige Strafverfahren relevant sind. Eine umfassende Untersuchung des informationstechnischen Systems ist daher grundsätzlich unzulässig. Vielmehr darf nur auf solche Datenbestände zugegriffen werden; bei denen davon ausgegangen werden kann, dass sich dort beweiserhebliche Informationen finden.
Schutzbestimmungen
Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass durch eine Online-Durchsuchung allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensführung erlangt werden, ist diese Maßnahme unzulässig. Es ist, soweit möglich, technisch sicherzustellen, dass Daten, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen, nicht erhoben werden.
Die Eingriffsnorm enthält keine Befugnis zum Betreten der Wohnung zur Vornahme der Infiltration des Systems. Diese muss vielmehr technisch oder durch kriminalistische List erfolgen.
Bewertung der Neuregelung
Die Online-Durchsuchung ist nunmehr der schwerste Ermittlungseingriff in der StPO. Wegen der Vielfalt der auf Computern und Smartphones gespeicherten Daten aus allen Lebensbereichen ermöglicht die Maßnahme potenziell die heimliche Erstellung umfassender Persönlichkeitsprofile.
Zur Gefahrenabwehr ist die Maßnahme nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen, das heißt für Leib, Leben und Freiheit der Person oder Bestand des Staates.
Besonders kritisch zu bewerten ist zudem, dass Online-Durchsuchung unter bestimmten Voraussetzungen auch gegen unverdächtige Dritte eingesetzt werden kann.
Bei Fragen zur Online-Durchsuchung aber auch in allen anderen Bereichen des Strafrechts steht Ihnen in unserer Kanzlei Frau Rechtsanwältin Nadine Kanis engagiert zur Seite!