Untersuchungshaft ist der stärkste prozessuale Eingriff in die Rechte eines Beschuldigten. Die Untersuchungshaft wird angeordnet, wenn gegen den Beschuldigten ein dringender Tatverdacht besteht und ein Haftgrund vorliegt. Des Weiteren muss die Anordnung der Untersuchungshaft verhältnismäßig sein. Dies ist ein Verfassungsgebot. Bei Bagatelldelikten oder geringen Schäden ist eine U-Haft unzulässig.

Der dringende Tatverdacht liegt vor, wenn aufgrund des aktuellen Ermittlungsstandes eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte Täter oder Teilnehmer einer Straftat ist. Untersuchungshaft dient dazu, die Durchführung eines geordneten Strafverfahrens zu gewährleisten und die spätere Strafverfolgung sicherzustellen.

Haftsachen sind beschleunigt zu behandeln. Sie haben bei der staatsanwaltschaftlichen und gerichtlichen Arbeit Vorrang. Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.

Haftgründe

Ein Haftgrund liegt vor, wenn der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen hält, bei Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr. Bei bestimmten schweren Straftaten ist nach § 112 Abs. 3 StPO die Anordnung der Untersuchungshaft auch zulässig, wenn keiner der oben genannten Haftgründe gegeben ist.

Die Fluchtgefahr ist der am häufigsten angenommene Haftgrund. Sie ist gegeben, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles eine höhere Wahrscheinlichkeit für die Annahme spricht, der Beschuldigte werde sich dem Strafverfahren entziehen, als für die Erwartung, er werde am Verfahren teilnehmen.

Rechtsmittel

Sie haben das Recht, gegen den Haftbefehl eine Haftprüfung zu beantragen oder eine Haftbeschwerde einzulegen, wobei die Haftprüfung vorrangig ist. Die Haftprüfung wird auf Antrag des Beschuldigten oder seines Verteidigers bei dem Haftrichter durchgeführt. Man kann die mündliche Verhandlung beantragen. Eine solche darf nicht ohne Zustimmung des Beschuldigten über zwei Wochen nach dem Eingang des Antrages anberaumt werden. Die Verhandlung ist nichtöffentlich. Gleichwohl können Zeugen gehört werden.

Wenn die Haftprüfung keinen Erfolg hat, ist ein erneuter Antrag auf mündliche Haftprüfung erst wieder nach Ablauf von zwei Monaten nach der Haftprüfungsentscheidung und nach insgesamt mindestens drei Monaten andauernder Untersuchungshaft zulässig. Ein Antrag auf mündliche Haftprüfung sollte daher sorgsam vorbereitet werden.

Gegen den Haftbefehl selbst und auch gegen den auf eine Haftprüfung folgenden Haftfortdauerbeschluss ist die Beschwerde möglich. Nach Einlegung der Beschwerde muss der Haftrichter sofort, spätestens vor Ablauf von drei Tagen ab Eingang des Beschwerdeschreibens bei Gericht, die Akte dem Beschwerdegericht vorlegen. Die Entscheidung selbst ergeht regelmäßig nach Aktenlage. Eine mündliche Verhandlung ist nicht vorgeschrieben, allerdings ist ggf. Beweis zu erheben.

Praxishinweise

In Fällen, in denen die Untersuchungshaft vollstreckt wird, haben Sie Anspruch auf einen Pflichtverteidiger. Ob gegen die Vollstreckung der U-Haft vorgegangen werden sollte, und wenn ja, mit welchem Rechtsbehelf (Haftbeschwerde oder Haftprüfung), muss sehr gründlich abgewogen werden. Gerade wenn es auf den persönlichen Eindruck des Beschuldigten ankommt, wird ein Verteidiger zur Haftprüfung tendieren.

Bei Verhaftungen wenden Sie sich an unsere Notfall-Hotline unter der Nummer 0340/261 261 0! Als Beschuldigter in einem Strafverfahren haben Sie jederzeit das Recht, einen Verteidiger hinzuzuziehen.


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