Das Amtsgericht Kehl beschäftigte sich in seiner Entscheidung vom 29. April 2016, Az. 2 Cs 303 Js 19062/15, mit den Anforderungen an die Einwilligung in eine Durchsuchung und der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Unwirksamkeit ein Beweisverwertungsverbot zur Folge hat.
Der Beschuldigte wurde auf der Straße von 2 Polizeibeamten einer Personenkontrolle unterzogen. Dabei fragten die Polizeibeamten, denen der Beschuldigte als Betäubungsmittelkonsument bekannt war, ob er damit einverstanden sei, dass seine mitgeführte Tasche durchsucht werde, was der Beschuldigte bejahte. Bei der Durchsuchung wurden Subutex-Tabletten aufgefunden. In der anschließenden Vernehmung gestand der Beschuldigte, die Tabletten zuvor in Straßburg gekauft zu haben. Das Amtsgericht lehnte den Erlass eines Strafbefehls wegen des Verdachts der illegalen Einfuhr von Betäubungsmitteln gleichwohl ab.
Die Begründung des Gerichts:
Die vorgenommene Durchsuchung war rechtswidrig. Die beschlagnahmten Tabletten unterliegen ebenso wie das Geständnis des Beschuldigten einem Beweisverwertungsverbot, weshalb ein hinreichender Tatverdacht nicht gegeben war und der Erlass eines Strafbefehls abgelehnt werden musste.
Die Durchsuchung erfolgte ohne Rechtsgrundlage. Die Voraussetzungen für eine Durchsuchung der Tasche nach § 30 Nr. 4 BWPolG, der die Durchsuchung von Sachen gestattet, wenn diese sich an einem Ort befinden, an dem erfahrungsgemäß Straftaten verabredet oder verübt werden, lagen nach Ansicht des Gerichts nicht vor. Die fehlende Rechtsgrundlage konnte nicht durch die Zustimmung des Beschuldigten in die Durchsuchung seiner Tasche ersetzt werden. Die Einwilligung des Beschuldigten war unwirksam.
Die Voraussetzungen einer wirksamen Einwilligung
Eine wirksame Einwilligung setzt die Kenntnis aller hierfür maßgeblichen Umstände voraus. Die Polizeibeamten hätten den Beschuldigten darüber aufklären müssen, dass eine zwangsweise Durchsuchung nicht in Betracht kam und ihm im Falle einer Weigerung keine Nachteile drohten.
Diesen Anforderungen wurde die Einwilligung des Beschuldigten in die Durchsuchung nicht gerecht. Die Polizeibeamten haben ihn lediglich gefragt, ob er etwas dagegen habe, wenn seine Tasche durchsucht werde, was der Beschuldigte verneinte. Eine Erklärung der Polizeibeamten über die Rechtsgrundlage erfolgte nicht, ebenso wenig der Hinweis, dass die Durchsuchung allein von der Zustimmung des Angeschuldigten abhängt. Die Rechtswidrigkeit der Durchsuchung der Tasche des Beschuldigten führt zum Verbot der Verwertung der aufgefundenen Tabletten als Beweismittel im Strafverfahren gegen ihn.
Beweiserhebungsverbot = Beweisverwertungsverbot?
Zwar führt nicht jede rechtswidrige Durchsuchung zur Unverwertbarkeit aufgefundener Beweismittel. Vorliegend ist aber aufgrund des Schweregrades der Rechtswidrigkeit und der wegen Fehlens jeglicher Dokumentation der Umstände, insbesondere der Rechtsgrundlage und der die Durchsuchung rechtfertigenden Tatsachen, gegebenen objektiven Willkürlichkeit der Maßnahme im Hinblick auf die Geringfügigkeit der dem Beschuldigten zur Last gelegten Straftat von einem Beweisverwertungsverbot auszugehen.
Eine Verurteilung des Beschuldigten kann auch nicht auf sein Geständnis gestützt werden. Dieses erfolgte in unmittelbarem Zusammenhang mit der rechtswidrigen Durchsuchung und Sicherstellung der Subutex-Tabletten. Für eine Verwertbarkeit des Geständnisses des Beschuldigten wäre eine qualifizierte Belehrung vor seiner Vernehmung erforderlich gewesen, d.h. er hätte auf die Unverwertbarkeit der aufgrund der rechtswidrigen Durchsuchung der Tasche sichergestellten Subutex-Tabletten hingewiesen werden müssen. Eine qualifizierte Belehrung des Beschuldigten in diesem Sinne erfolgte vorliegend jedoch nicht. Auch hier war davon auszugehen, dass der Beschuldigte oder ein Verteidiger der Verwertung des Geständnisses widersprechen wird.
Der begrüßenswerte Beschluss des Amtsgerichts Kehls belegt, dass eine im Wege der Überrumpelung erlangte Einwilligung des Beschuldigten nicht die fehlende Rechtsgrundlage für eine Durchsuchung ersetzen kann.