Landgericht Hamburg: VW-Händler muss Dieselauto gegen besseres, neues Modell eintauschen/Klagefrist verjährt bald

Käufer von manipulierten VW-Dieselfahrzeugen haben trotz Software-Update nicht nur Anspruch auf ein neues Fahrzeug des gleichen Typs, sondern unter Umständen sogar Anspruch auf ein Upgrade. Das hat das Landgericht Hamburg in einem überraschend harschen Urteil gegen einen Volkswagen-Händler ent-schieden, das allerdings noch nicht rechtskräftig ist (Az.: 329 O 105/17).

Der Fall betraf einen Tiguan I mit der Schadstoffklasse Euro 5, den der Käufer nun gegen einen größeren, schnelleren Tiguan II mit der Euro 6 tauschen darf. Macht das Urteil Schule, könnte es den Autokonzern in arge Bedrängnis brin-gen, denn in Deutschland sind rund 2,5 Millionen Fahrzeuge von den Manipu-lationen betroffen. Bisher haben allerdings nur rund 50 000 Käufer geklagt.

Volkswagen stellt sich bisher auf den Standpunkt, mit einem Software-Update alle Mängel zur Zufriedenheit der Kunden und der zuständigen Behörden besei-tigt zu haben. Mehr als zwei Jahre nach Aufdeckung des Diesel-Skandals isst dieses Update nun auch schon gut wie erledigt Rund 92 Prozent der Kunden haben die neue Software.

Davon ließen sich die Hamburger Richter allerdings nicht beeindrucken. Die Tatsache, dass Volkswagen in seine Fahrzeuge eine unzulässige Abschaltein-richtung eingebaut habe, stelle einen erheblichen Mangel dar. Dieser lasse sich auch durch ein Software-Update nicht vollständig aus dem Weg räumen, weil zu befürchten sei, dass der Motor auf Dauer Schaden nehme. Liefe es so rei-bungslos wie von Volkswagen behauptet, hätte der Konzern schließlich gleich auf eine Abschaltvorrichtung verzichten können. Ebenso blitzte der Händler mit seinem Argument ab, er könne auch keinen anderen, unbelasteten Tiguan I lie-fern, weil das Fahrzeug nicht mehr hergestellt werde. Dann müsse der Konzern den Tiguan II liefern, stellten die Richter klar. Volkswagen verweist darauf, dass das Urteil nicht den Konzern direkt, sondern einen Vertragshändler betreffe. Dieser kann dann aber versuchen, sich das Geld vom Autobauer zurückzuholen. Bisher gibt es noch kein höchstinstanzliches Urteil in der Sache. Die Ansprüche von Diesel-Käufern, die noch keine Klage eingelegt haben, verjähren Ende die-ses Jahres.

Auch die Situation anderer Diesel-Fahrer verbessert sich nur sehr schleppend. Von den Volkswagen-Kunden einmal abgesehen, müssen auch die Käufer ande-rer Marken ihre Dieselfahrzeuge umrüsten lassen, um die strengen Abgas-grenzwerte zu füllen. Dies betrifft rund 2,8 Millionen Autofahrer. Dazu hatte sich die Bundesregierung mit den Autoherstellern ebenfalls auf Software-Updates verständigt. Diese freiwilligen Umrüstungen seien allerdings erst bei weniger als acht Prozent, also bei rund 230 000 Fahrzeugen, durchgeführt worden, wie Daten des Bundesverkehrsministeriums zeigen. Rund 1,62 Millio-nen Fahrzeugen seien derzeit in der Nacherfüllung oder stünden kurz davor.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Oliver Krischer, nannte die Umsetzungsquote eine Bankrotterklärung. „Auf den Diesel-Gipfeln werden großspurige Scheinlösungen verkündet und damit der Öffentlichkeit Sand in die Augen gestreut“, sagte er der F.A.Z. Es sei von Anfang an klar gewesen, dass die Software-Updates „nicht im Ansatz“ das Problem der schlechten Luft in den Innenstädten lösen könnten. „Doch Regierung und Autoindustrie sind seit zwei Jahren nicht einmal in der Lage, diese Scheinlösung umzusetzen“, klagt er. Auch der neue Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wählt gegenüber der Autobranche harschere Töne. „Ich verstehe mich nicht als Buddy der Auto-Bosse, sondern als Kumpel der Fließbandarbeiter und als Interessenvertreter der Diesel-Besitzer“, sagt er der „Bild“.

Quelle: FAZ vom 17./18.03.2018

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