Bei der gerichtlichen Überprüfung der Wirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen, die die Abberufung oder die Kündigung des Anstellungsvertrags eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH aus wichtigem Grund betreffen, ist darauf abzustellen, ob tatsächlich ein wichtiger Grund im Zeitpunkt der Beschlussfassung vorlag oder nicht. Das Vorliegen des wichtigen Grunds hat im Rechtsstreit derjenige darzulegen und zu beweisen, der sich darauf beruft (so BGH, Urteil vom 04. April 2017, Az. II ZR 77/16).

Sachverhalt

Zwei Gesellschafter sind mit 49 respektive 51 Prozent an einer GmbH beteiligt; letzterer ist Alleingeschäftsführer. Er lud zu einer Gesellschafterversammlung ein. Dort wurde unter anderem über seine sofortige Abberufung als Geschäftsführer aus wichtigem Grund Beschluss gefasst. Der eine Gesellschafter stimmte für die Beschlussanträge; der Geschäftsführer der GmbH stimmte dagegen und stellte als Versammlungsleiter die Ablehnung fest. Daraufhin focht der unterlegene Gesellschafter den Beschluss an. Er beruft sich darauf, dass der Geschäftsführer mit seinem Stimmrecht ausgeschlossen gewesen sei, weil ein Gesellschafter bereits dann von der Stimmabgabe ausgeschlossen sei, wenn ein in seiner Person liegender, als wichtiger Grund qualifizierbarer Sachverhalt zur Abstimmung gestellt wurde. Dem folgt der BGH (ebenso wie die Vorinstanzen) nicht.

Aus den Entscheidungsgründen

Ein Gesellschafter unterliegt bei der Beschlussfassung über seine Abberufung als Geschäftsführer aus wichtigem Grund einem Stimmverbot. In der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum ist allerdings im Einzelnen streitig, unter welchen Voraussetzungen der Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Abstimmung über die Abberufung oder Kündigung seines Anstellungsvertrags aus wichtigem Grund einem Stimmverbot unterliegt bzw. unter welchen Voraussetzungen der Versammlungsleiter ein Stimmverbot anzunehmen hat.

Teilweise wird vertreten, der betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer unterliege bereits dann einem vom Versammlungsleiter zu beachtenden Stimmverbot, wenn über die Abberufung oder Kündigung des Anstellungsverhältnisses aus wichtigem Grund entschieden werden soll. Teilweise wird (weitergehend) verlangt, dass ein wichtiger Grund substantiiert bzw. schlüssig oder nachvollziehbar behauptet wird. Andere nehmen ein Stimmverbot nur an, wenn ein wichtiger Grund objektiv vorliegt und befürworten folglich eine materielle Prüfung des wichtigen Grundes durch den Versammlungsleiter. Der letzten Auffassung schließt sich der BGH an: Wenn ein abstimmungserhebliches Stimmverbot in Frage steht, kommt es im Rechtsstreit allein auf das tatsächliche Vorliegen des wichtigen Grundes an.

Praxishinweis

Durch das vorliegende Urteil wurde ein in der Praxis wichtiger Meinungsstreit entschieden: Reicht es aus, wenn ein Gesellschafter das Vorliegen eines wichtigen Grundes qualifiziert behauptet, um den anderen von der Beschlussfassung auszuschließen, oder muss dieser tatsächlich vorliegen? Mit dem vom BGH gewählten Weg ist sichergestellt, dass das Vorliegen des wichtigen Grundes tatsächlich zur richterlichen Überprüfung gestellt werden kann.

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