Das AG Hamburg-Barmbek hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem ein Mietinteressent aufgrund seines ausländischen Namens keine Einladung zu einem Besichtigungstermin für eine Wohnung erhalten hat. Das Gericht entschied, dass der Anschein für eine Benachteiligung aufgrund ethnischer Herkunft spreche. Zur Höhe der Entschädigung knüpfte das Gericht an die dreifache Monatsmiete an (Urteil des AG Hamburg-Barmbek vom 03.02.2017, Az. 811b C 273/15).
Sachverhalt der Entscheidung
Die Klägerin war auf Wohnungssuche und wollte mit ihrem Sohn in eine neue Wohnung ziehen. Deshalb bewarb sie sich für eine Wohnung über ein Portal der Beklagten. Bei der Wohnung handelt es sich um eine öffentlich geförderte Wohnung, die – aufgrund ihrer Größe – lediglich von zwei Personen bezogen werden kann.
Am 30.03.2015 übermittelte die Klägerin, vertreten durch ihren Sohn, eine Interessenbekundung per Email. Sie erhielt am selben Tag eine Absage. Aus dieser folgt, dass die Kapazitäten des Besichtigungstermins erschöpft seien.
Am 09.04.2015 erhielt die Klägerin auch im Hinblick auf einen Besichtigungstermin für eine andere Wohnung eine Absage. Auch insoweit handelt es um eine öffentlich geförderte Wohnung, die – aufgrund ihrer Größe – lediglich von zwei Personen bezogen werden kann.
Das AG Hamburg-Barmbek hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin eine Entschädigung gemäß § 21 AGG in Höhe von 1.008 Euro zu zahlen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Vorstellungen der Klägerin beliefen sich hierbei auf eine Entschädigung von mindestens 2.500,00 €.
Aus den Entscheidungsgründen
Für das Amtsgericht ergab sich nach Beweisaufnahme, dass die Klägerin wegen ihres türkisch klingenden Namens keine Einladung zu einem Besichtigungstermin erhalten hat.
Der Klägerin war es vorliegend gelungen, Indizien darzulegen und zu beweisen, die die Vermutung rechtfertigen, dass sie allein aufgrund ihres türkisch klingenden Namens, mithin ihrer ethnischen Herkunft, keine Einladung zu einem Besichtigungstermin für die Wohnung erhalten hat. Mithin sprach ein Anschein für eine Benachteiligung der Klägerin aufgrund ihres türkischen Namens, mithin ihrer ethnischen Herkunft. Diese Vermutung vermochte die Beklagte nicht zu widerlegen (§ 22 AGG).
Die Klägerin hatte sich hierbei eines sog. „Testing-Verfahrens“ bedient. Dabei wird eine Vergleichsperson eingesetzt, um zu überprüfen, ob ein Verhalten gegenüber einer Person, bei der das vermutete Diskriminierungsmerkmal in einer bestimmten Ausprägung vorliegt, gleichermaßen auch gegenüber der Vergleichsperson erfolgt, bei der das Merkmal in einer anderen Ausprägung vorliegt. Das Gericht hielt „Testing-Verfahren“ im Bereich der Wohnungsmiete für zulässig.
Die Beklagte könne sich auch nicht auf § 19 Abs. 3 AGG berufen, wonach bei der Vermietung von Wohnraum eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse zulässig ist. Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen der Wohnungsbauförderung statuiere Abs. 3 eine generelle Ausnahme von den Benachteiligungsverboten des Abs. 1 zur Erreichung dieser Ziele.
Rechtsfolge einer Benachteiligung ?
Es stellt sich dann die Frage der Rechtsfolge einer Benachteiligung: Gibt es einen Anspruch des Mieters auf Abschluss des Mietvertrags oder wird er finanziell entschädigt?
Gute Gründe für einen Anspruch auf Abschluss werden insbesondere mit dem Argument vertreten, dass für das Arbeitsrecht in § 15 Abs. 6 AGG ausdrücklich ein Kontrahierungszwang verneint wird. Mit Hinweis auf die Privatautonomie (Art. 2 GG) wird aber ein solcher Anspruch verneint. Der Mieter wird finanziell entschädigt. Zur Höhe der Entschädigung verwies das Amtsgericht vorliegend dann auf § 21 Abs. 2 AGG, wonach eine angemessene Entschädigung in Geld zu zahlen sei und sprach eine Entschädigung in Höhe der dreifachen Monatsmiete zu.
Praxishinweise
Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gilt auch im Mietrecht. Das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot des § 19 AGG gilt auch im Vorfeld der Vermietung. Benachteiligungen allein wegen Rasse oder Herkunft sind also in aller Regel unzulässig. Der Vermieter muss noch nicht einmal vorsätzlich handeln, um zu einer Entschädigung verurteilt zu werden, wie die vorliegende Entscheidung zeigt.
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