Das OLG Koblenz hat entschieden, dass ein kurzes Zusammentreffen mehrerer Personen zum Austausch von Begrüßungen oder Ähnlichem keine verbotene „Ansammlung“ im Sinne der Corona-Bekämpfungs-Verordnung (CoBeVO) darstellt.
Der Begriff der verbotenen „Ansammlung“ im Sinne der Corona-Bekämpfungs-Verordnung (CoBeVO) muss verfassungskonform dahin einschränkend ausgelegt werden, dass kurze Begegnungen, bei denen nicht die Absicht besteht, sich für einen längeren als nur flüchtigen Moment zusammen an einem Ort aufzuhalten, und bei denen von vornherein durch die Wahrung eines ausreichenden Sicherheitsabstandes eine Übertragung der Virusinfektion ausgeschlossen ist, nicht erfasst werden. Das Verbot jeglicher Personenansammlung ohne Differenzierung danach, ob das Verbot zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung des Infektionsgeschehens erforderlich ist, würde zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz) führen. Das hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Koblenz entschieden und den Betroffenen freigesprochen.
Im konkreten Fall war der Betroffene, als er in Begleitung eines Freundes einen Geldautomaten aufsuchte, zufällig auf einen Bekannten getroffen, der seinerseits in Begleitung eines Freundes unterwegs war. Die vier Personen standen ungefähr ein bis zwei Minuten vor der Bankfiliale im Halbkreis zusammen und unterhielten sich, wobei die Personenpaare einen Abstand von 1,5 bis 2 Meter einhielten. Anlass des Gesprächs war, dass der Betroffene seinem Bekannten wegen des Todes der Großmutter kondolieren wollte. Die Gruppe wurde von Polizeibeamten beobachtet und einer Personenkontrolle unterzogen, welche ergab, dass alle vier Personen unterschiedlichen Haushalten angehörten. Das Amtsgericht sah in dem Zusammentreffen der vier Personen eine verbotene Ansammlung (§ 4 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 der 4. CoBeVO) und verurteilte den Betroffenen zu einem Bußgeld von 100 €.
Diese rechtliche Einschätzung hat der Senat nicht geteilt. Der in der Corona-Bekämpfungs-Verordnung verwendete Begriff der „Ansammlung“ bedürfe einer einschränkenden verfassungskonformen Auslegung, die das öffentliche Interesse daran, eine weitere Ausbreitung des Infektionsgeschehens zu verhindern, in einen angemessenen und vernünftigen Bezug zu den Bedürfnissen und unantastbaren Rechten der Bürger setze. Ausgehend hiervon sei bei der Beurteilung, ob eine „Ansammlung“ vorliegt, zum einen maßgeblich, ob dem Zusammentreffen die Absicht zugrunde liegt, sich für einen längeren als nur flüchtigen Moment gemeinsam an einem bestimmten Ort aufzuhalten. Durch dieses Kriterium werde vermieden, dass die rein zufällige gleichzeitige Anwesenheit mehrerer Personen, wie sie beispielsweise beim Einkaufen des täglichen Lebensbedarfs oder bei einem Spaziergang entstehen könne, zur Ordnungswidrigkeit werde. Zum anderen sei entscheidend, dass bei dem Zusammentreffen der durch die Verordnung vorgegebene Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Personen eingehalten werde. Beide Kriterien seien im konkreten Fall erfüllt gewesen.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Koblenz v. 24.03.2021
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