Urlaub kann nach § 7 III BUrIG nur verfallen, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Kalenderjahres erlischt. Dies gilt grundsätzlich auch für vertraglichen Mehrurlaub, sofern keine abweichende Vereinbarung vorliegt (BAG, Urteil vom 25.6.2019, Az. 9 AZR 546/17 ).

Sachverhalt der Entscheidung

Der beklagte Arbeitnehmer ist bei der klagenden Arbeitgeberin beschäftigt. Laut Arbeitsvertrag vom 22.5.2012 stehen ihm 30 Werktage Urlaub pro Kalenderjahr zu. Ferner enthält der Arbeitsvertrag eine zweistufige Ausschlussklausel, wobei auf der ersten Stufe eine schriftliche Geltendmachung innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit vorgesehen ist. Eine auf dem Firmenserver abgelegte Urlaubsübersichtenthält bezüglich des Arbeitnehmers die Bezifferung des Gesamturlaubs mit „77,5". Mit E-Mail vom 18.12.2015 weist die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer daraufhin, dass etwaiger Resturlaub bis zum 31.3.2016 genommen werden muss. Der Arbeitnehmer kündigt das Arbeitsverhältnis später außerordentlich fristlos. Auf die Klage der Arbeitgeberin wird rechtskräftig festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf des 29.2.2016 geendet hat. Der Kläger erhebt zugleich Widerklage auf Abgeltung von 65 Urlaubstagen. Das ArbG gibt der Widerklage statt, das LAG weist sie ab. Das B AG verweist den Rechtsstreit an das LAG zurück.

Aus den Entscheidungsgründen

Aufgrund der Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung zu den urlaubsrechtlichen Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers durch das Bundesarbeitsgericht kann der Urlaub gem. § 7 III BUrlG nur verfallen, sofern eine ausreichende Aufforderungs- und Hinweismitteilung des Arbeitgebers vorliegt; hierzu hat das LAG neue Tatsachenfeststellungen zutreffen. Die gesetzlichen Mitwirkungsobliegenheiten können bezüglich des vertraglichen Mehrurlaubs zwar grundsätzlich modifiziert werden, da die RL 2003/88/EG sowie das Bundesurlaubsgesetz nur für den gesetzlichen Mindesturlaub gelten. Sofern es jedoch (wie vorliegend) an einer entsprechenden vertraglichen Ausgestaltung - für die es deutlicher Anhaltspunkte bedarf — fehlt, ist von einem Gleichlauf des gesetzlichen und vertraglichen Urlaubs auszugehen. Aus der Eintragung eines Urlaubsstands des Arbeitnehmers in der Urlaubsübersicht folgt nicht, dass die Arbeitgeberin diese Anzahl der Urlaubstage anerkannt hat, da es sich hierbei lediglich um eine Wissenserklärung handelt.

Auf dem Gebiet des Urlaubsrechts sowie im gesamten Arbeitsrecht vertritt Sie aus unserer Kanzlei engagiert Frau Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht Nadine Kanis.


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