Mit Urteil vom 11. Mai 2016, Az. VIII ZR 209/15 hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein wichtiges mietrechtliches Urteil gesprochen und entschieden, dass der Einwendungsausschluss gemäß § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB grundsätzlich auch für solche Kosten gilt, die in der Wohnraummiete generell nicht auf den Mieter umgelegt werden können.
Hintergrund der Entscheidung:
Ein Mieter hat Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnung spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Betriebskostenabrechnung geltend zu machen. Nach Ablauf der Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.
Die inhaltliche Reichweite des Einwendungsausschlusses war bislang noch nicht vollständig geklärt. Insbesondere war bisher höchstrichterlich nicht entschieden, ob der Einwendungsausschluss greift, wenn der Vermieter Kosten umlegt, die schon nach dem Gesetz in der Wohnraummiete nicht auf den Mieter abgewälzt werden können. Betroffen sind in erster Linie die Verwaltungs-, Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten (§ 556 Abs. 1 Satz 3 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 BetrKV). Dieser Fall lag jetzt dem BGH vor.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung:
Dem Beklagten gehörte eine Eigentumswohnung. Die Wohngeldabrechnung, die er für die Wohnung erhielt, differenzierte für die vermietenden Eigentümer die Gesamtkosten in umlagefähige und nicht umlagefähige Kosten. Zu den nicht umlagefähigen Kosten gehörten Instandhaltungs- und Verwaltungskosten.
Seine Wohnung hatte der Beklagte an die Kläger vermietet. Als er die Betriebskostenabrechnung erstellte, setzte er den „Gesamtbetrag gemäß Abrechnung“ als Betriebskosten an und reichte dazu die Wohngeldabrechnung schlicht durch. Von den so zu hoch ausgewiesenen Betriebskosten zog er dann auch noch zu niedrige Vorauszahlungen ab. Die Kläger zahlten den Betrag. Erst 22 Monate nach Zugang der Abrechnung rügten sie die Fehler und verlangten Rückzahlung.
Das Berufungsgericht wies die Klage insgesamt ab. Der BGH bestätigte das Urteil insoweit, wie es um die zu niedrig abgezogenen Vorauszahlungen ging. Wegen der eingestellten aber nicht umlagefähigen Instandhaltungs- und Verwaltungskosten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Klage ab. Zwar gelte auch für Kosten, die schon gesetzlich nicht auf den Mieter umgelegt werden könnten, der Einwendungsausschluss. In diesem konkreten Fall sei der Beklagte aber nach Treu und Glauben daran gehindert, sich darauf zu berufen.
Der BGH stellt zunächst klar, dass der Ansatz gesetzlich nicht umlagefähiger Kosten die formelle Wirksamkeit unberührt lässt.
Die weitere Frage nach der Geltung des Einwendungsausschlusses war bislang umstritten. Das zentrale Argument ist die Gleichbehandlung der Einwendungen.
Wollte man die nicht umlagefähigen Kosten ausnehmen, würde das auch für einzelne (nicht umlagefähige) Kostenanteile gelten, etwa Verwaltungsanteile in einer Hausmeistervergütung oder Instandsetzungskosten in einem Wartungsvertrag. Hier ist aber schon bisher niemand auf die Idee gekommen, solche Einwände noch nach Ablauf der Einwendungsfrist zuzulassen. Die Befriedungsfunktion des § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB wäre sonst auch weitgehend beseitigt.
Bedeutung für die Praxis:
Das Urteil ist für die Praxis von erheblicher Bedeutung. Der BGH hat wahrscheinlich eine der letzten Fragen des Einwendungsausschlusses entschieden. Die Betonung der Befriedungsfunktion lässt es daneben erwarten, dass der BGH auch die Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots der Rügeobliegenheit unterwerfen wird.