Bei der Bewertung, ob eine Arbeitnehmerstellung des Geschäftsführers im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes vorliegt, sind die Besonderheiten dieser Organstellung zu beachten. Aufgrund der nach außen nicht beschränkbaren Vertretungsbefugnisse und der Stellung als Vorgesetzter aller Mitarbeiter der Gesellschaft hat der Geschäftsführer eine arbeitgeberähnliche Position inne. Bei Streitigkeiten aufgrund einer fristlosen Kündigung eines Fremdgeschäftsführers ist daher nicht das Arbeitsgericht, sondern das ordentliche Gericht zuständig (BAG, Beschluss vom 21.1.2019 - 9 AZB 23/18).

Sachverhalt der Entscheidung

J wurde im April 2016 zur Geschäftsführerin der B-GmbH bestellt. Zwischen J und der Gesellschaft wurde ein Dienstvertrag geschlossen, wonach J die Führung der laufenden Geschäfte sowie die alleinige gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der Gesellschaft obliegt. Weiterhin heißt es im Dienstvertrag; „Die Rechte und Pflichten der Geschäftsführerin und der Umfang ihrer Entscheidungsbefugnisse ergeben sich aus dem für die Gesellschaft bestehenden Gesellschaftsvertrag und den dazu erlassenen Dienstanweisungen, ...", ferner: „Die Geschäftsführerin ist Vorgesetzte aller Mitarbeiter der Gesellschaft und diesen weisungsbefugt."

Nachdem J ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin im November 2016 aufgenommen hat, kündigt sie den Dienstvertrag im Juli 2017 ordentlich zum Jahresende 2018. Daraufhin kündigt auch die B-GmbH das Dienstverhältnis fristlos. Sie behauptet, J habe die ihr als Geschäftsführerin obliegenden Pflichten verletzt und sich illoyal verhalten. Ferner beruft die B-GmbH die J mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführerin ab. J erhebt Klage vor dem ArbG. Das BAG erklärt die Arbeitsgerichte für unzuständig und verweist die Klage an das zuständige LG, da es sich vorliegend nicht um eine Streitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Sinne von § 2 1 Nr. 3 a und b ArbGG handelt.

Aus den Entscheidungsgründen

Anknüpfungspunkt für die Bewertung, ob eine Arbeitnehmer- oder jedenfalls eine arbeitnehmerähnliche Stellung der J vorliegt, ist § 5 ArbGG. Nach § 5 I 1 ArbGG sind Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigen. Das BAG verneint bereits das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung der Umstände vorzunehmen. Die Gesellschaft hat gegenüber dem auf dienstvertraglicher Basis tätig werdenden Fremdgeschäftsführer ein unternehmerisches Weisungsrecht. Auch das Vorliegen einer arbeitnehmerähnlichen Position, basierend auf einer wirtschaftlichen Abhängigkeit der J, verneint das Gericht. Vielmehr sind die Besonderheiten der Organstellung eines Geschäftsführers zu beachten. Aufgrund der mit ihrem Amt verbundenen Rechtsstellung ist die soziale Typik der von einem Geschäftsführer geleisteten Dienste nicht mit der eines Arbeitnehmers zu vergleichen. Vielmehr verkörpert der Geschäftsführer einer GmbH als gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft den Arbeitgeber.

Durch die gesetzlichen und nach außen nicht beschränkbaren Vertretungsbefugnisse und die Stellung als Vorgesetzter aller Mitarbeiter unterscheidet sich der Geschäftsführer einer GmbH daher grundlegend von anderen leitenden oder nicht leitenden Arbeitnehmern. Aufgrund der arbeitgeberähnlichen Funktion der J als Geschäftsführerin ist keine arbeitsrechtliche Streitigkeit gegeben und der Rechtsstreit daher an das zuständige LG zu verweisen, §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG.

Praxishinweis

Der GmbH-Geschäftsführer, der nicht am Gesellschaftskapital beteiligt ist (sog. Fremdgeschäftsführer), ist zwar im Sinne von § 7 SGB IV abhängig beschäftigt. Diese sozialrechtliche Einordnung des Dienstverhältnisses wirkt sich jedoch nicht auf die arbeitsrechtliche Kategorisierung als Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Person aus, denn der Begriff des Arbeitnehmers im Sinne von § 5 ArbGG und der des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses sind nicht deckungsgleich. Auch fällt die Frage des Zugangs zu den Gerichten für Arbeitssachen und der Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche der nationalen Gerichte nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts. Für die Bestimmung des Rechtswegs ist deshalb vom allgemeinen nationalen und nicht von einem unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff auszugehen.

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